Europäische Wildkatze (Felis silvestris)

Die Europäische Wildkatze, auch bekannt als Waldkatze (Felis silvestris), gehört zur Familie der Kleinkatzen und zeichnet sich durch ihr weitreichendes Vorkommen in Europa aus.

Ihr Habitat erstreckt sich von der Iberischen Halbinsel über Italien und den Balkan bis hin zu Anatolien, dem Kaukasus sowie den schottischen Highlands und reicht bis in die westlichen Gebiete der Ukraine.

Aufgrund ihrer umfangreichen Verbreitung wird sie von der International Union for Conservation of Nature (IUCN) seit 2002 in der Roten Liste als eine Art mit geringstem Aussterberisiko (Least Concern) geführt.

Die Bedeutsamkeit der Europäischen Wildkatze für das ökologische Gleichgewicht und ihre Rolle in Europas Fauna wurde durch verschiedene Naturschutzorganisationen anerkannt. Die Deutsche Wildtier Stiftung kürte sie zum Tier des Jahres 2018, und Pro Natura in der Schweiz folgte mit einer ähnlichen Ehrung für das Jahr 2020.

Europäische Wildkatze Steckbrief

Hier präsentieren wir einen detaillierten Steckbrief der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris), der essentielle Informationen über ihre Biologie und Ökologie zusammenfasst.

  • Lateinischer Name: Felis silvestris
  • Klasse: Säugetiere
  • Ordnung: Raubtiere (Carnivora)
  • Größe: Kopf-Rumpf-Länge von 55 bis 65 cm bei Männchen und 47 bis 57,5 cm bei Weibchen
  • Gewicht: 3,8 bis 7,3 kg bei Männchen und 2,4 bis 4,7 kg bei Weibchen
  • Lebenserwartung: Unter optimalen Bedingungen 12 bis 15 Jahre
  • Nahrung: Pirschjäger auf Kleinwild
  • Verbreitung: Von der Iberischen Halbinsel bis Osteuropa, Italien, Balkan, Anatolien, Kaukasus, schottische Highlands
  • Lebensraum: Vorwiegend Wälder, Laub- und Mischwälder, die von Menschen nicht gestört werden
  • Natürliche Feinde: Informationen zu natürlichen Feinden wurden nicht spezifiziert
  • Feinde im Siedlungsraum: Nicht spezifiziert
  • Paarungszeit: Januar bis März
  • Geschlechtsreife: Nicht spezifiziert
  • Fortpflanzung: Tragzeit ca. neun Wochen, meistens zwei bis vier Junge
  • Verhalten: Sehr scheu, einzelgängerisch, ortstreu, tag- oder nachtaktiv je nach Region
  • Besonderheiten: Nicht zähmbar, auch in Gefangenschaft geborene Tiere lassen sich nicht an den Menschen gewöhnen

Systematik: Gattung, Art, Familie und mehr

Innerhalb der vielfältigen Welt der Säugetiere nimmt die Europäische Wildkatze, wissenschaftlich als Felis silvestris klassifiziert, eine besondere Stellung ein. Sie ist ein charakteristisches Mitglied der Ordnung der Raubtiere und gehört zur Familie der Katzen, spezifiziert durch ihre Zugehörigkeit zu den Kleinkatzen innerhalb der Gattung der Echten Katzen.

Kategorie Bezeichnung
Art Europäische Wildkatze
Ordnung Raubtiere (Carnivora)
Unterordnung Katzenartige (Feliformia)
Familie Katzen (Felidae)
Unterfamilie Kleinkatzen (Felinae)
Gattung Echte Katzen (Felis)
Wissenschaftlicher Name Felis silvestris

Charakteristika – Typische Merkmale

Die Europäische Wildkatze zeichnet sich durch eine robustere und kraftvollere Statur im Vergleich zur domestizierten Hauskatze aus, mit verhältnismäßig längeren Extremitäten.

Männliche Exemplare dieser Spezies erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 55 bis 65 Zentimetern, besitzen einen Schwanz der 27 bis 32 Zentimeter misst, und wiegen zwischen 3,8 und 7,3 Kilogramm. Weibliche Tiere sind mit einer Länge von 47 bis 57,5 Zentimetern, einer Schwanzlänge von 25 bis 32 Zentimetern und einem Gewicht von 2,4 bis 4,7 Kilogramm merklich kleiner.

Die Fellfärbung variiert von gelblich-braun bis silbergrau, wobei auf dem Rücken häufig ein markanter, durchgehender schwarzer Streifen zu finden ist, der bis zur Schwanzwurzel reicht. Die Seiten und der Rücken weisen eine Streifenmusterung auf, die in westlichen Populationen ausgeprägter erscheint als in östlichen.

Der Schwanz, charakteristisch dick und relativ kurz, zeigt eine Ringelung mit drei bis fünf dunklen Ringen und endet mit einer schwarzen Spitze. Der Schädel, ähnlich dem einer Hauskatze, bietet Platz für ein vergrößertes Gehirn.

Die Augen sind weit auseinanderliegend, und die Sohle der Hinterläufe weist einen charakteristischen schwarzen Fleck auf, ein Unterscheidungsmerkmal zur Hauskatze. Ein weiteres Merkmal ist der helle, rosafarbene Nasenspiegel.

Lebensraum und Geografische Verbreitung

Europäische Wildkatzen bevorzugen überwiegend Waldgebiete als Lebensraum. Sie sind vorrangig in großen Laub- oder Mischwäldern anzutreffen, die ungestört von menschlicher Aktivität sind, sowie entlang von Küsten, an den Rändern von Sumpfgebieten, in Auwäldern und in der mediterranen Macchie. Sie meiden Gebiete mit intensiver Landwirtschaft, reine Nadelwälder, extrem hohe Berge, küstenregionen ohne Deckung oder Regionen, die im Winter stark verschneit sind.

Seit den 1920er Jahren erholen sich die Populationen in verschiedenen europäischen Staaten von einem beinahe vollständigen Aussterben seit dem späten 18. Jahrhundert. Heute finden sich signifikante Bestände in Ländern wie Polen, Italien und Griechenland sowie auf dem Balkan. Die Populationen in Deutschland wurden um das Jahr 2000 auf 1700 bis 5000 Individuen geschätzt und haben sich seitdem weiter ausgebreitet. In der Schweiz, wo die Wildkatze seit 1962 unter Schutz steht, schätzt man die Population auf 450 bis 900 Individuen, vorrangig im Jura. Die Hybridisierung mit Hauskatzen stellt eine wesentliche Bedrohung für den Erhalt der genetischen Reinheit der Wildkatzen dar.

In Österreich, wo Wildkatzen früher weit verbreitet waren, galten sie lange als ausgestorben, doch in den letzten Jahren mehren sich die Hinweise auf eine Rückkehr, insbesondere südlich der Donau. Spanien beheimatet die größten Wildkatzenpopulationen Europas, auch in urbanisierten Gebieten. Im Kaukasus existieren isolierte Bestände, die als eigene Unterart gelten.

Die Hauptbedrohungen für die Wildkatze heute sind die Fragmentierung ihres Lebensraums und die Zersiedelung der Landschaft. Nur in ungestörten, naturnahen Wäldern findet die Wildkatze geeignete Bedingungen für die Aufzucht ihrer Jungen und die Jagd.

Trotz eines gewissen Populationswachstums, begünstigt durch Jagdverbote in vielen Staaten, bleibt die Wildkatze in Westeuropa außer in einigen Regionen Schottlands, Spaniens und Frankreichs in größeren Beständen rar. Die historische Überjagung und möglicherweise epidemische Ereignisse trugen zu ihrem Rückgang bei, doch neuere Untersuchungen weisen auf komplexe Ursachen hin, die auch Schutzgebiete betreffen.

Lebensweise und Verhalten

Die Europäische Wildkatze, auch bekannt als Felis silvestris in der wissenschaftlichen Nomenklatur, zeichnet sich vor allem durch ihre Zurückhaltung gegenüber Menschen aus. Kennzeichnend für diese Spezies ist ein solitäres Dasein, wobei sie sich durch eine starke Ortsgebundenheit auszeichnet. Als typische Pirschjäger nutzen Wildkatzen die Taktik des stillen Anschleichens, um ihre Beute durch einen überraschenden Sprung zu ergreifen.

In Gebieten wie Thüringen werden Lebensräume durch naturbelassene Waldkorridore miteinander verbunden, um die Wiederansiedlung der Wildkatze zu fördern. Die Aktivitätsmuster variieren regional; während Wildkatzen generell auch tagsüber aktiv sind, bevorzugen sie in dicht besiedelten Gegenden eher die Nacht. Ihre exzellente Sehkraft im Dunkeln unterstützt sie dabei maßgeblich.

Auffallend ist das hochentwickelte sensorische Vermögen zusammen mit einer bemerkenswerten Intelligenz, die frühzeitige Gefahrenerkennung ermöglicht. Das im Vergleich zur Hauskatze größere Gehirn, ihre ausziehbaren Krallen und ein kräftiges Gebiss prädestinieren die Europäische Wildkatze als effiziente Jägerin. Ein ausgeprägter Jagdinstinkt und eine enorme physische Flexibilität zeichnen sie zusätzlich aus.

Das Revier einer Europäischen Wildkatze hängt stark von der Verfügbarkeit an Beute ab und kann daher in seiner Größe variieren. Männliche Tiere beanspruchen größere Gebiete als weibliche Exemplare. Die Fortpflanzungsperiode erstreckt sich von Januar bis März, wobei das Weibchen nach einer etwa neunwöchigen Tragzeit zwei bis vier Junge zur Welt bringt. Junge Wildkatzen suchen nach sechs bis acht Monaten ein eigenständiges Revier. Die Lebenserwartung unter optimalen Bedingungen liegt bei zwölf bis fünfzehn Jahren.

Hybridisierungen zwischen Wild- und Hauskatzen sind in dicht bewaldeten Gebieten Europas eine Seltenheit, treten jedoch in waldärmeren Regionen häufiger auf. Wildkatzen zeigen auch in Gefangenschaft eine ausgeprägte Scheu vor Menschen, benötigen große Gehege mit Versteckmöglichkeiten und lassen sich selbst bei direkter Fütterung nicht zähmen.

Ernährung

In der natürlichen Umgebung besteht die Diät der Europäischen Wildkatze hauptsächlich aus Kleinsäugetieren wie Wühlmäusen und Ratten, die etwa 80% ihrer Nahrung ausmachen.

Ergänzend hierzu ernähren sie sich gelegentlich von Vögeln, Kaninchen, Eichhörnchen, sowie von Eidechsen, Fischen, Fröschen und Insekten. Aas oder pflanzliche Nahrung wird nur in Notzeiten verzehrt. Der Jagdprozess involviert das geduldige Anschleichen an die Beute, um diese dann mit einem geschickten Sprung zu überwältigen.

Fortpflanzung

Die Paarungszeit der Europäischen Wildkatze findet typischerweise zwischen Januar und März statt. Nach einer Gestationsperiode von 60 bis 68 Tagen bringt das Weibchen meist im Frühling ein bis vier Junge zur Welt.

Die ersten Lebensmonate sind geprägt von intensiver mütterlicher Fürsorge, ehe sich die Jungtiere nach etwa zehn Monaten von der Mutter lösen. Wildkatzen erreichen die volle körperliche Reife mit ungefähr 18 bis 19 Monaten und können in menschlicher Obhut ein Alter von über 15 Jahren erreichen.

Jägersprache

In der traditionellen Jägersprache werden weibliche Europäische Wildkatzen als Katze oder Kätzin bezeichnet, während das männliche Tier als Kuder bekannt ist. Ungeachtet dieses Brauchs wird außerhalb der Jägersprache für männliche Wildkatzen auch die Bezeichnung Kater verwendet.

Die Kreuzungen zwischen Haus- und Wildkatzen, genannt Blendlinge, sind reproduktionsfähig und tragen dieselben Bezeichnungen wie reine Wildkatzen.

Gefährdung und natürliche Prädatoren

Die Europäische Wildkatze sieht sich neben dem Menschen, der durch die Fragmentierung ihrer natürlichen und potenziellen Lebensräume erheblich zu ihrer Gefährdung beiträgt, auch natürlichen Feinden gegenüber.

Zu diesen gehören insbesondere der Luchs und der Wolf, die erwachsene Exemplare jagen können, während Uhu, Seeadler, Steinadler und Habicht vorwiegend Jungtiere als Beute wählen. Der Fuchs stellt keine direkte Bedrohung für ausgewachsene Wildkatzen dar, kann jedoch Jungtieren gefährlich werden.

In Deutschland genießt die Wildkatze mittlerweile Schutz und wird als eine Schlüsselart im Rahmen der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt geführt.

Bedrohungen durch die moderne Landschaft

Die größte Bedrohung für die Wildkatze stellt die zunehmende Nutzung der Landschaft durch Verkehr, Siedlungsbau und Landwirtschaft dar, die ihre Lebensräume stark reduziert hat. Die verbleibenden Lebensräume der Wildkatze sind oft isoliert und beherbergen kleine, anfällige Populationen.

Der BUND in Deutschland unternimmt Anstrengungen, diese isolierten Habitate durch die Anlage von 20 Meter breiten, bepflanzten Korridoren miteinander zu verbinden, um Inzucht und Krankheiten vorzubeugen und neue Lebensräume zu erschließen.

Ein weiteres Problem stellt die Hybridisierung mit verwilderten Hauskatzen dar, die Krankheitsübertragungen begünstigen kann. Zudem werden viele Wildkatzen im Straßenverkehr getötet.

Schutzmaßnahmen in Deutschland

Seit der Einführung des Reichsjagdgesetzes und später des Bundesjagdgesetzes steht die Wildkatze in Deutschland unter Schutz. Initiativen wie der „Wildkatzenwegeplan“ des BUND zielen darauf ab, Lebensräume durch die Pflanzung von Bäumen und Büschen zu vernetzen und so die Wanderbewegungen der Wildkatzen zu unterstützen.

Seit 2011 fördert das Projekt „Wildkatzensprung“ die Anlage grüner Korridore in verschiedenen Bundesländern und die Entwicklung einer bundesweiten Gendatenbank für Wildkatzen.

Nachdem die Wildkatze lange Zeit als in Baden-Württemberg verschwunden galt, wurden dort seit 2006 wieder Wildkatzen nachgewiesen, was zu verstärkten Bemühungen um die Vernetzung ihrer Lebensräume führte.

In Rheinland-Pfalz existieren Wildkatzen-Auffanggehege, und in Niedersachsen wurden erste Maßnahmen zur Schaffung eines grünen Korridors umgesetzt. Die Wildkatze ist mittlerweile in fast allen größeren deutschen Waldgebieten wieder anzutreffen.

Erholung und Schutz in Österreich und der Schweiz

In Österreich, wo die Wildkatze lange als ausgestorben galt, gibt es mittlerweile wieder gesicherte Nachweise ihrer Präsenz, besonders in Kärnten und Niederösterreich.

Die Art ist streng geschützt, und es wurden Fortpflanzungen nachgewiesen. In der Schweiz, obwohl keine speziellen Schutzbemühungen existieren, werden Wildkatzenfunde dokumentiert und untersucht.

Durch das Aufstellen von mit Baldriantinktur imprägnierten Holzpflöcken wurden Wildkatzenpopulationen im nordwestlichen Jura nachgewiesen, und eine Studie zur Hybridisierung wurde initiiert.


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