Europäischer Nerz (Mustela lutreola)

Als Mitglied der Marderfamilie (Mustelidae) stellt der Europäische Nerz (Mustela lutreola) eine der am stärksten gefährdeten Arten des europäischen Kontinents dar. Im Gegensatz zum Amerikanischen Nerz weist er keine nahe genetische Verwandtschaft auf und ist mit diesem nicht kreuzbar.

In verschiedenen Regionen ist der Europäische Nerz auch unter anderen Bezeichnungen bekannt, wie Nörz, kleiner Fischotter, Krebsotter, Sumpfotter, Steinhund, Wasserwiesel, Menk, Mink, Ottermenk und Wassermenk, die allerdings als veraltet gelten, aber regional noch Anwendung finden.

Europäischer Nerz Steckbrief

Der Europäische Nerz ist eine seltene und bedrohte Tierart. Hier sind einige wichtige Fakten, die das Wesen dieses Tieres charakterisieren:

  • Wissenschaftlicher Name: Mustela lutreola
  • Klasse: Säugetiere (Mammalia)
  • Ordnung: Raubtiere (Carnivora)
  • Größe: 28 bis 43 cm
  • Gewicht: 400 bis 740 Gramm
  • Lebenserwartung: 7 bis 10 Jahre
  • Nahrung: Nagetiere, Frösche, Vögel, Fische, Krebse
  • Verbreitung: Nördliches Spanien bis westliches Sibirien und Kaukasus-Region
  • Lebensraum: Uferdickichte, Flüsse, Seen
  • Natürliche Feinde: Keine Angabe
  • Fortpflanzung: Paarungszeit in Februar oder März, Nachwuchs im April oder Mai
  • Verhalten: Einzelgänger, dämmerungs- oder nachtaktiv
  • Besonderheiten: Streng territorial, kann gut schwimmen und tauchen
  • Schutzstatus: Vom Aussterben bedroht (Critically Endangered)

Systematik – Ordnung, Familie, Gattung & Art

Der Europäische Nerz, wissenschaftlich als Mustela lutreola bekannt, stellt ein interessantes Säugetier innerhalb der Ordnung der Raubtiere dar. Dieser Nerz gehört zur Familie der Marder und wird spezifisch der Gattung Mustela zugeordnet. Im Folgenden wird seine systematische Position innerhalb des Tierreichs näher beleuchtet.

Kategorie Information
Unterordnung Hundeartige (Caniformia)
Überfamilie Marderverwandte (Musteloidea)
Familie Marder (Mustelidae)
Unterfamilie Mustelinae
Gattung Mustela
Art Europäischer Nerz
Wissenschaftlicher Name Mustela lutreola

Beschreibung der Merkmale

Die Körperlänge des Europäischen Nerzes beträgt 28 bis 43 cm, ergänzt durch einen 12 bis 19 cm langen Schwanz, und das Gewicht variiert zwischen 400 und 740 Gramm, wobei Männchen signifikant schwerer sind als Weibchen.

Der Körperbau ist schlank, die Beine und der Schwanz vergleichsweise kurz. Sein Fell zeigt eine Palette von Rotbraun bis Dunkelbraun und Schwarz, während die Unterseite heller gefärbt ist. Auffällig ist der weiß gefärbte Bereich um Kinn und Oberlippe, ergänzt durch mögliche weiße Flecken an Kehle und Brust. Das dichte, wasserabweisende Fell, besonders im Winter, und die charakteristische weiße Oberlippe, die beim Amerikanischen Nerz fehlt, sind kennzeichnend für diese Art.

Verbreitung und Lebensraum

Früher war der Europäische Nerz in ganz Europa verbreitet, von Nordspanien bis Westsibirien und dem Kaukasus. Jagd, Lebensraumzerstörung und Konkurrenz durch den Amerikanischen Nerz haben jedoch zu einem drastischen Rückgang geführt, sodass gegenwärtig nur noch Restpopulationen existieren, vor allem in Osteuropa.

Ihr Habitat ist eng mit Gewässern verbunden; sie besiedeln Ufergebiete mit dichter Vegetation entlang von Flüssen und Seen, wobei sie sich selten weiter als 100 Meter vom Wasser entfernen.

Lebensweise und Ausbreitung

Als solitäre und territorial orientierte Tiere bewohnen Europäische Nerze ein Gebiet von etwa 26 bis 32 Hektar. Ihre Aktivitäten finden hauptsächlich in der Dämmerung oder Nacht statt.

Tagsüber ruhen sie in selbst gegrabenen Bauen oder nutzen die von anderen Tieren hinterlassenen, verstecken sich in Felsspalten oder im Wurzelgeflecht von Bäumen. Ihre Fähigkeit, gut zu schwimmen und zu tauchen, nutzen sie auch zur Nahrungssuche im Wasser.

Nahrung – Beutetiere

Das Nahrungsspektrum des Europäischen Nerzes ist breit gefächert und umfasst vorrangig Schermäuse und andere Nagetiere sowie Frösche, Vögel, Fische und Krebse. Während der Wintermonate halten sie häufig ein Loch in der Eisdecke offen, um tauchend nach Nahrung suchen zu können.

Fortpflanzung

Die Paarungszeit des Europäischen Nerzes liegt in den Monaten Februar oder März. Nach einer Tragzeit von etwa 35 bis 72 Tagen bringt das Weibchen im April oder Mai den Nachwuchs zur Welt.

Ein Wurf besteht durchschnittlich aus vier oder fünf Jungtieren, die mit etwa 10 Wochen entwöhnt werden und mit 2,5 bis 4 Monaten selbständig sind. Sie erreichen die Geschlechtsreife mit etwa einem Jahr.

Gefährdung und Schutzmaßnahmen

Der Europäische Nerz gehört heute zu den am stärksten bedrohten Säugetierarten in Europa. Die Hauptgründe dafür sind intensive Bejagung, Zerstörung ihres Lebensraums und Konkurrenz durch den Amerikanischen Nerz.

Verschiedene Maßnahmen wurden eingeleitet, um den Europäischen Nerz zu schützen, einschließlich der Renaturierung seiner Lebensräume und der Wiederansiedlung von Tieren in ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten. Es gibt mehrere Projekte in Europa, die sich dem Schutz und der Erhaltung des Europäischen Nerzes widmen, darunter auch in Deutschland.

Reproduktion des Europäischen Nerzes

Die Paarungsperiode des Europäischen Nerzes findet typischerweise im Frühjahr, vornehmlich im Februar und März statt. Nach einer Tragezeit, die zwischen 35 und 72 Tagen variiert – eine Spanne, die möglicherweise auf die Phänomene der verzögerten Einnistung zurückzuführen ist – gebären die Weibchen im Frühjahr, üblicherweise im April oder Mai.

Eine Wurfgröße schwankt zwischen zwei und sieben Welpen, wobei durchschnittlich vier bis fünf Junge beobachtet werden. Nach etwa zehn Wochen werden die Jungen entwöhnt und erreichen die Selbstständigkeit im Alter von 2,5 bis 4 Monaten. Die Geschlechtsreife stellt sich bei ihnen im Alter von circa einem Jahr ein, während ihre Lebenserwartung auf etwa sieben bis zehn Jahre geschätzt wird.

Gefährdungsstatus

Der Europäische Nerz gehört zu den am stärksten gefährdeten Säugetierarten des europäischen Kontinents. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Einerseits führte die intensive Jagd nach ihrem Fell, trotz seiner geringeren Wertschätzung im Vergleich zum Pelz des Amerikanischen Nerzes, zu einem signifikanten Bestandsrückgang. Insbesondere in den 1920er-Jahren wurden in der damaligen Sowjetunion bis zu 50.000 Tiere jährlich erbeutet.

Des Weiteren hat die Zerstörung ihres natürlichen Lebensraums durch Entwaldung und Flussregulierung die Populationen des Europäischen Nerzes schwer in Mitleidenschaft gezogen. Moderne Herausforderungen wie der Bau von Kraftwerken und Wasserverschmutzung stellen fortbestehende Bedrohungen dar.

Hinzugekommen ist das Problem der Ausbreitung des Amerikanischen Nerzes in Europa seit den 1950er-Jahren. Als Flüchtlinge aus Pelztierfarmen haben sie sich durch ihre Robustheit und Anpassungsfähigkeit vielerorts auf Kosten der einheimischen Art durchgesetzt.

In Deutschland wurde der letzte Europäische Nerz bereits 1925 gesichtet, und auch in vielen anderen Teilen Europas ist er fast völlig verschwunden. Einzig in isolierten Gebieten, wie in Russland, Belarus, im Donaudelta Rumäniens, in Südwestfrankreich, Nordspanien sowie vornehmlich auf den großen Inseln Estlands, können noch kleine Populationen gefunden werden.

Die IUCN stuft den Europäischen Nerz seit 2011 als „vom Aussterben bedroht“ (Critically Endangered) ein, eine Verschärfung gegenüber der Einstufung als „stark gefährdet“ (Endangered) aus dem Jahr 2011.

Artenschutzprogramme

Die UN-Biodiversitätskonvention zielt darauf ab, dem weltweiten Rückgang der Artenvielfalt entgegenzuwirken und Strategien für den Schutz der biologischen Vielfalt zu entwickeln. Im Zuge dieser Bemühungen wurden spezifische Aktionen zur Rettung des Europäischen Nerzes intensiviert, einschließlich der Wiederherstellung seiner natürlichen Lebensräume, was als eine der kritischsten Naturschutzmaßnahmen gilt.

Zwischen 2001 und 2004 wurden beispielsweise in der oberen Ebro-Region durch drei LIFE-Projekte der Europäischen Union (LIFE00 NAT/E/007331; LIFE00 NAT/E/007299; LIFE00 NAT/E/007335) Renaturierungsarbeiten durchgeführt, die darauf abzielten, die Populationen des Europäischen Nerzes zu stärken und sie vor dem invasiven Amerikanischen Mink zu schützen.

Zur Sicherung bedrohter Spezies sind Wiederansiedlungs-, Neuansiedlungs- und Umsiedlungsprogramme von essenzieller Bedeutung, da viele Arten nicht mehr in der Lage sind, verlorene Lebensräume aus eigener Kraft wieder zu besiedeln.

Angesichts der prekären Lage des Europäischen Nerzes werden solche Maßnahmen als unverzichtbar erachtet, um ihn in seinen angestammten Habitaten neu zu etablieren.

In Estland, wo der Nerz Mitte der 1990er verschwand, werden im Zoo von Tallinn im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) seitdem Europäische Nerze gezüchtet.

Die 1992 gegründete ‚Foundation Lutreola‘ setzt sich mit Zucht- und Auswilderungsprogrammen für die Rückkehr des Nerzes in estnische Gefilde ein, insbesondere auf den Inseln Hiiumaa.


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