Die Haselmaus, wissenschaftlich als Muscardinus avellanarius bekannt, gehört zu den nachtaktiven Nagetieren und ist ein Mitglied der Familie der Bilche. Mit ihrem mausähnlichen Erscheinungsbild nimmt sie innerhalb der Hörnchenverwandten, einer Unterordnung der Nagetiere, eine besondere Stellung ein.
Trotz ihrer geringen Größe hat diese Art beträchtliche Aufmerksamkeit erhalten und wurde sowohl in Deutschland als auch in Österreich zum Tier des Jahres gekürt – ein Hinweis auf ihre ökologische und kulturelle Bedeutung.
Diese kleine Kreatur ist bekannt für ihren heimlichen Lebensstil und hat sich durch Anpassungsfähigkeit in verschiedenen Lebensräumen ausgezeichnet. Ihre Fähigkeit, in der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt zu bleiben, steht im Gegensatz zu der Würdigung, die ihr von Naturschutzorganisationen zuteilwird, was ihre Wichtigkeit im natürlichen Gleichgewicht und die Notwendigkeit ihres Schutzes unterstreicht.
Inhaltsverzeichnis
Haselmaus Steckbrief
Es folgt unser Haselmaus Steckbrief mit allen wichtigen Fakten über Haselmäuse.
- Wissenschaftlicher Name: Muscardinus avellanarius
- Klasse: Säugetiere
- Ordnung: Nagetiere
- Größe: Kopf-Rumpf-Länge von 6,5 bis 9,1 cm, Schwanzlänge von 5,7 bis 8,6 cm
- Gewicht: 17 bis 19 Gramm im Sommer, vor dem Winterschlaf mehr als 30 Gramm
- Lebenserwartung: 3 bis 4 Jahre in freier Wildbahn
- Nahrung: Allesfresser (Knospen, Samen, Beeren, Insekten, Vogeleier, kleine wirbellose Tiere, Nüsse)
- Verbreitung: Fast ganz Europa, mit Ausnahme einiger Gebiete wie der Iberischen Halbinsel und Skandinaviens
- Lebensraum: Dichte Gebüsche, Hecken, Waldsäume und Mischwälder
- Natürliche Feinde: Rotfuchs, Mauswiesel, Hermelin, Greifvögel, Eulen
- Fortpflanzung: Tragzeit etwa 22 bis 24 Tage, 2-5 Junge pro Wurf
- Verhalten: Nachtaktiv, hervorragender Kletterer, Reviermarkierung mit Urin und Sekreten
- Besonderheiten: Fähigkeit zur Autotomie (Schwanzabwurf), ausgeprägte Fähigkeit zur Dormanz (Torpor)
SYSTEMATIK:
Kategorie | Bezeichnung |
---|---|
Ordnung | Nagetiere (Rodentia) |
Unterordnung | Hörnchenverwandte (Sciuromorpha) |
Familie | Bilche (Gliridae) |
Unterfamilie | Leithiinae |
Gattung | Haselmäuse |
Art | Haselmaus |
Wissenschaftlicher Name der Gattung | Muscardinus |
Wissenschaftlicher Name der Art | Muscardinus avellanarius |
Charakteristika der Haselmaus
Die Haselmaus, ein faszinierendes Kleinsäugetier, zeichnet sich durch eine Vielzahl von charakteristischen Merkmalen aus. Hier sind einige bemerkenswerte Eigenschaften dieses winzigen Wesens:
- Aussehen: Meist graues bis goldfarbenes Rückenfell; die Unterseite zeigt eine hellere Färbung. Charakteristisch ist der buschige Schwanz, der bisweilen eine weiße Spitze aufweisen kann. Das Körperfell verändert sich mit dem Alter der Tiere.
- Körpermaße: Körperlänge beträgt 6,5 bis 9,1 cm, Schwanzlänge umfasst 5,7 bis 8,6 cm und die Ohren messen 9 bis 14,6 mm in der Höhe.
- Gewicht: Erwachsene Haselmäuse wiegen im Sommer 17 bis 19 Gramm, während sie sich vor dem Winterschlaf auf über 30 Gramm vergrößern.
- Lebensdauer: Die typische Lebensspanne in freier Wildbahn umfasst 3 bis 4 Jahre. Geschlechtsreife tritt nach einem Jahr ein.
- Genetik: Der Karyotyp liegt bei 2n = 46 Chromosomen.
- Fortpflanzung: Weibliche Haselmäuse haben vier Zitzen.
- Besonderheiten: Kehle und Brust weisen jeweils einen weißen Fleck auf, der sich zu einem schmalen Streifen bis zum Bauch fortsetzt.
- Lebenserwartung: Bis zu 6 Jahre
Lebensraum der Haselmaus
Die Haselmaus zeigt eine Vorliebe für vielfältige und dicht bewachsene Habitate, die dichte Gebüschformationen, Hecken, sowie ausladende Waldränder und Laub- und Nadelwaldgemische mit lückenhaftem Unterwuchs umfassen.
Besonders in Höhen bis 2000 Meter in subalpinen Bereichen finden sie ideale Lebensbedingungen. Verschiedene Baum- und Strauchsorten tragen maßgeblich zur Qualität ihres Lebensraumes bei.
Gerade Orte mit frühen Entwicklungsphasen der Gehölzvegetation wie in regenerierenden Waldgebieten sind begehrt.
Vorzugshabitate:
- Hecken: Insbesondere Hasel und Brombeere
- Wälder: Mit reichem Unterwuchs
Haselmäuse sind bemerkenswert anpassungsfähig und selbst ein gewisser Lärmpegel scheint sie nicht zu beeinträchtigen. Sie wurden sogar in begrünten Autobahntrennstreifen nachgewiesen. Ihre Nester, oft tief im Unterholz oder in Baumhöhlen versteckt, bieten Schutz vor Fressfeinden und Nähe zu Nahrungsressourcen.
Die Struktur des Waldes, wie eine vielschichtige Strauchschicht, spielt eine entscheidende Rolle für den Schutz und das Nahrungsangebot dieser Spezies.
Verbreitungsgebiet
Die Haselmaus, ein kleines Nagetier, findet man in ganz Europa, von Deutschland bis Russland, mit regionalen Lücken und einer Abwesenheit in Skandinavien. In Deutschland ist sie in mehreren Bundesländern wie Hessen, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen präsent. Ihr bevorzugtes Habitat umfasst Straßenränder und Siedlungsgebiete.
Europa:
- Deutschland: Flächendeckend mit regionalen Lücken
- Großbritannien: Ausgenommen nördliche Inseln
- Skandinavien: Keine Präsenz
- Ostgrenze: Bis nach Russland
Bundesländer:
- Hessen: Präsent
- Schleswig-Holstein: Vorkommen
- Sachsen: Vorhanden
- Thüringen: Ebenfalls vertreten
Habitat:
- Straßenränder und Siedlungsgebiete als Verbreitungsorte.
Lebensgewohnheiten
Die Haselmaus ist ein nachtaktives Tier, das seine Fähigkeit zum Klettern meisterhaft einsetzt. Sie verbringt den Großteil ihrer Zeit auf den Bäumen und ist in der Lage, selbst auf dünnsten Ästen zu navigieren.
Bei der Fortbewegung nutzt sie auch eine Technik, die an die Hangelbewegungen von Affen erinnern mag. Ihr Territorium markiert sie durch Geruchssignale, die aus Urin und Sekreten der Analdrüsen stammen. Dabei deckt ihr Aktionsradius in der Regel eine Fläche von 150 bis 200 Metern ab.
Während der Tagesstunden ruht die Haselmaus in ihrem Nest, das sie geschickt aus natürlichen Materialien wie Grashalmen und Blättern formt. Dieses Nest wird in der Vegetation oder in Nestlöchern positioniert. Mit dieser Strategie entzieht sich die Haselmaus dem Licht und schafft sich einen Rückzugsort.
In Bezug auf ihre Ernährung zeigt sich die Haselmaus als Allesfresser. Sie nutzt die nächtlichen Stunden, um sich von einer Vielzahl an Nahrung zu versorgen: von Insekten und kleine wirbellose Tiere, über Früchte, Beeren, Nüsse und Samen, bis hin zu Vogeleiern. Besondere Vorliebe hat sie für Walnüsse und Haselnüsse, die Teil ihrer bevorzugten Beute während der Nussjagd sind.
Die Reproduktionszeit der Haselmaus zeichnet sich durch die Geburt von zwei bis fünf Jungen aus, die nach einer Tragzeit von etwa 22 bis 24 Tagen zur Welt kommen. Die Jungtiere bleiben bis zu ihrer Selbstständigkeit, welche etwa 40 Tage nach der Geburt eintritt, im Schutz des größeren Nests bei ihrer Mutter. Zum Säugen sind bei dem Haselmausweibchen acht Zitzen vorhanden.
In den kälteren Monaten begibt sich die Haselmaus in den Winterschlaf, den sie in speziell angelegten Nestern am Boden oder in schützenden Erdhöhlen verbringt. Hierbei stellt sich eine signifikante Reduktion ihrer Körpertemperatur ein.
Die Haselmaus besitzt auch eine einzigartige Anpassungsfähigkeit in Form der Autotomie: Bei Gefahr kann sie ihre Schwanzhaut abwerfen, um der Bedrohung zu entkommen. Der verbleibende nackte Schwanzteil wird nicht regeneriert, allerdings wachsen mit der Zeit buschige Haare nach.
Tagesstarre der Haselmaus
- Jahreszeitenabhängig: Besonders im Frühjahr, Sommer und Herbst an kühlen Tagen oder bei Nahrungsknappheit.
- Energiesparmodus: Während dieser Phasen verharrt sie regungslos, um Energie zu sparen.
- Körperliche Veränderungen:
- Stoffwechsel: Verlangsamt sich erheblich.
- Körpertemperatur: Sinkt auf etwa 32°C ab.
- Bewegungseinschränkung: Kann sich in dieser Phase nicht bewegen.
- Schutzmechanismus: Dient als Anpassung an weniger günstige Umweltbedingungen.
- Position: Oftmals eingerollt im Nest anzutreffen.
- Exkremente: Absonderungen, wie Urin, werden minimiert.
Natürliche Feinde
- Raubtiere: Rotfuchs, Mauswiesel, Hermelin
- Vögel: Greifvögel, Schleiereule, Waldkauz
- Schlafbedrohung: Wildschweine (Winter)
Klassifizierung und Abstammung
Die Haselmaus, bekannt unter der wissenschaftlichen Bezeichnung Muscardinus avellanarius, wurde erstmalig 1758 durch den schwedischen Naturforscher Carl von Linné erfasst. In seinem Werk „Systema Naturae“ ordnete er die Art der Mäusegattung (Mus) zu. Später, im Jahr 1829, führte der deutsche Zoologe Johann Jakob Kaup die Gattungsbezeichnung Muscardinus ein. Diese Gattung ist ein Mitglied der Familie der Bilche (Gliridae), einer Gruppe innerhalb der Nagetiere.
Um die Herkunft und Verwandtschaftsverhältnisse der Haselmaus zu klären, wurden genetische Untersuchungen durchgeführt. Diese enthüllten das Bestehen zweier genetisch distinkter Linien, die sich vor etwa 7 Millionen Jahren im späten Miozän voneinander trennten.
Eine Linie findet sich hauptsächlich in westlichen Gebieten wie Frankreich, Italien, der Westschweiz und dem deutschen Rheinland, während die andere Linie in Mittel- und Nordeuropa, auf der Balkanhalbinsel und in der nördlichen Türkei verbreitet ist. Deutschland teilt diese beiden Populationen durch eine diagonale Verbreitungsgrenze in Mitteleuropa.
- Gartenschläfer (Eliomys quercinus)
- Burunduk (Tamias sibiricus) – Das Sibirisches Streifenhörnchen
- Baumschläfer (Dryomys nitedula)
- Europäischer Ziesel (Spermophilus citellus)
- Steinmarder (Martes foina)
- Feldhase (Lepus europaeus)
- Siebenschläfer (Glis glis)
- Biber (Castoridae)
- Nutria (Myocastor coypus)
- Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus)
Bedrohung und Erhaltung
Die Haselmaus steht zwar weltweit nicht unter dringender Gefährdung, in Teilen Europas wie England, Wales, Schweden, Deutschland und Dänemark ist ihr Bestand jedoch rückläufig. Insbesondere in England und Wales ist die Population zwischen 2000 und 2016 um ein Drittel geschrumpft.
Innerhalb der EU wird die Haselmaus durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie geschützt, welche sie in ihrem Anhang IV aufführt. Dies impliziert einen umfassenden Artenschutz, zu dem strenge Schutzmaßnahmen gemäß den Artikeln 12, 14, 15 und 16 gehören.
Naturschutzorganisationen setzen sich mittels gezielten Maßnahmen für die Erhaltung dieser Art ein. Ein regelmäßiges Monitoring ist essenziell, um den Schutzstatus der Haselmaus und die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zu bewerten.
Die Haselmaus in der Kulturgeschichte
In Lewis Carrolls Werk „Alice im Wunderland“ tritt eine Haselmaus bei einer eigentümlichen Teegesellschaft auf. In verschiedenen deutschen Übersetzungen wird das Tier als Murmeltier oder „Schlafmaus“ bezeichnet, jedoch ist die torpid veranlagte Haselmaus wahrscheinlich das Tier, das Carroll tatsächlich beschrieb.
Samuil Marschak, ein russischer Dichter, machte die Haselmaus zu einem Hauptcharakter in seinem Buch „Das Tierhäuschen“.
Am 3. September 2020 veröffentlichte die Deutsche Post AG innerhalb ihrer Reihe „Junge Wildtiere“ eine Sonderbriefmarke mit dem Porträt einer Haselmaus. Der Briefmarkenwert beträgt 95 Eurocent, gestaltet wurde sie von der Bonner Grafikerin Jennifer Dengler.